Erinnerungen an die Geschichte der Sozialdemokratie in der politischen Provinz standen im Mittelpunkt einer öffentlichen Veranstaltung des SPD-Ortsvereins, mit der dessen 50-jähriges Bestehen im stimmungsvollen Rahmen des Alten Schulhauses gefeiert wurde.
Besonders freute man sich darüber, die ehemalige Bundesjustizministerin, Professor Dr. Herta Däubler-Gmelin, als Gast begrüßen zu können, war sie doch in den Jahren 1972 bis 1980 als Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Wegbegleiterin in einer politisch besonders bewegten Zeit.
Bürgermeister Schweizer erinnerte an die Gründungsmitglieder, die am 28. Februar 1957 den Grundstein der Sozialdemokratie in einer bäuerlich – katholischen, streng konservativ orien-tierten Gemeinde gelegt hatten. Als Vertreter einer Minderheit von „Zugereisten“ – Heimatvertriebene, Kriegsopfer, Repräsentanten der Arbeiterbewegung – hätten sich bereits die bei-den ersten Ortsvereinsvorsitzenden, Eugen Oesterle und Hans Tomuschat, in „wohltuendem Miteinander“ im Gemeinderat für die gesamte Bürgerschaft engagiert. Seit 1974 war die SPD ununterbrochen mit einer eigenen Liste nicht nur an den Kommunalwahlen beteiligt, sondern auch im Gemeinderat repräsentiert.
Die Vertreterin des SPD-Kreisvorstandes, Claudia Sünder, Landtagsabgeordnete Ulla Haußmann und Bundestagsabgeordneter Christian Lange betonten in ihren Grußworten ebenfalls die Bedeutung politischen Engagements an der Basis, das von den Ortsvereinen gelenkt und gesteuert werde. Zu den kommunalpolitischen Fragen der letzten fünfzig Jahre habe der SPD-Ortsverein regelmäßig Stellung bezogen und damit – im Sinne des Grundgesetzes – an der politischen Willensbildung mitgewirkt.
Angeregt durch Bilder, Dokumente und Zeitungsartikel, mit denen die Chronik der örtlichen sozialdemokratischen Bewegung in einer Wandzeitung dargestellt wurde, erinnerte die Bundestagsabgeordnete Dr. Herta Däubler-Gmelin an die politische Situation der siebziger Jahre. In einer Zeit, als man in manchen Dörfern der näheren Umgebung noch – tatkräftig und lautstark – versucht habe, politische Veranstaltungen der SPD systematisch zu unterbinden, sei es, trotz mehrheitlicher Zustimmung der Bevölkerung zur Reformpolitik der damaligen sozialliberalen Regierung, gerade auf dem Land nicht leicht gewesen, sozialdemokratische Ideen in politisches Handeln umzusetzen. Vieles, was damals angestrebt wurde, sei heute erreicht. Die Referentin erinnerte an Fortschritte in der Familien- und Sozialpolitik, mit denen insbesondere die Stellung der Frau in der Gesellschaft neu definiert worden sei. Ideen, deren Wurzeln im gesellschaftlichen Aufbruch jener Jahre zu finden seien, prägten heute das Regierungsprogramm der Großen Koalition. Als besonders bedeutsam wertete die Referentin die Unterstützung, die junge Familien heute bei der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder erfahren. Auf diesem Weg gelte es zielstrebig weiterzugehen, um soziale Gerechtigkeit, die immer als zentrales Anliegen der SPD gegolten habe, für alle Mitglieder der Gesellschaft zu verwirklichen. Es könne nicht angehen, dass einerseits Managergehälter bisher ungeahnte Höhen erreichten, während andererseits Menschen, die schwerer, aber unterbezahlter Arbeit nachgehen, auf Unterstützung des Staates angewiesen seien. Die Diskussion um faire Entlohnung aller Arbeitnehmer müsse deshalb fortgesetzt werden.
In harmonischer Atmosphäre entstanden beim anschließenden gemütlichen Beisammensein rund ums Buffet lebhafte Gespräche über politische Fragen der Vergangenheit wie der Gegenwart, an denen sich außer den Mitgliedern des Ortsvereins zahlreiche Gäste aus dem Gemeinderat, aus den benachbarten Ortsvereinen und den verschiedenen Gremien der Partei beteiligten.